Das Urteil eines französischen Gerichts ebnet dem Gebrauchthandel von digitalen Waren den Weg

Seit nun bereits zwei Jahrzehnt ist der digitale Spielemarkt im Bereich der Unterhaltungsindustrie der weitaus umsatzstärkste Markt. Im Jahr 2018 machte er in Deutschland fast 5 Milliarden Euro aus; weltweit geht es um Billionen Dollar. Ein Markt mit nachwievor zweistelligen Wachstumszahlen.

Der vorliegende Rechtsstreit wird Auswirkungen auf alle weiteren Branchen, die digitale Inhalte (Musik, Filme, Bücher etc.) verkaufen haben.

Im Urteil des Pariser Tribunal de Grande Instance (vglb. Landgericht) vom 17.09.2019 ging es um die Frage, ob die Online-Spiele-Plattform STEAM Ihren Kunden erlauben muss, ihre online als Download gekauften Spiele weiter verkaufen zu können. Die Nutzugnsbedingungen von STEAM sehen dies bisher nicht vor.

Der Online-Spiele-Händler hat angekündigt, in die nächste Instanz zu gehen, bis dahin ändert sich erst einmal nichts.

Die französische Verbraucherrechtsorganisation UFC-Que Chosir und nun nach vierjähriger Verhandlung auch das Gericht sehen durch den Ausschluss eines Zweitmarktes für ihre (digitalen) Waren EU-Recht verletzt.

Betrofffen seien der Europäische Binnenmarkt und der freie Warenverkehr innerhalb der EU.

Verletzt sei der sogenannte Erschöpfungsgrundsatz der Nr. 28 der Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft. Vereinfacht gesagt, besagt dieser, dass der Urheber nach dem erstmaligen Verkauf kein Anspruch mehr auf die Ware erheben darf.

Deutsche Gerichte, u.a. das Landgericht Berlin mit Urteil vom 14.07.2009 – 16 O 67/08, sahen dies bisher bei Online-Dienstanbietern nach deutschen Urheberrecht noch anders.

Ebenfalls durch die Nutzungsbedingungen gestört sei die Warenverkehrsfreiheit nach Artikeln 28 bis 37 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) , welche zu den vier Grundfreiheiten der Europäischen Union gehört.

STEAM vertritt die Ansicht, dass es sich bei ihrem Angebot um ein Abonnementvertrag handelt und nicht um ein Verkaufsgeschäft, mithin die Rechtslage eine andere sei.

Dieser Argumentation zog das Gericht einen Strich durch die Rechnung. Es hielt die Nutzungsvereinbarungen von STEAM für ein Konstrukt zur Umgehung der genannten Gesetzeslage. Unter anderem, weil ein Account bei STEAM keine monatlichen Kosten mit sich bringt.

Diese Rechtssprechungsentwicklung können weitreichende Folgen nicht nur für die anderen Online-Spiele-Stores von Sony, Microsoft, Electronic Arts (EA) auch für den Spielekonsolenmarkt haben. Insgesamt geht es um die mögliche Zweitverwertung digital erworbener Waren (Musik, Filme, Bücher etc.).

Im Computerspielebereich könnte es eine Entwicklung zurück zum alten Arcade-Spielautomatenprinzip (Flipper, Street Fighter etc.) aus den Spielhallen kommen. Dort bezahlte der Spieler im Grunde genommen seine Spielzeit. Um nicht von vorne beginnen zu müssen, musste er stetig neue Münzen einwerfen. Dieses System war für die Verbraucher und Spieler eher nachteilig, Geld musste vor allem dann eingeworfen werden, wenn der Spielfortschritt nicht gut verlief. Wohin gegen bei gutem Spieleverlauf ohne weiteres Münzennachwerfen weiter gespielt werden konnte. Das System liegt auch den klassichen Glücksspielautomaten zugrunde und ist eher suchtfördernd.

Das Pariser Gericht hat auch weitere Klauseln der Nutzungsbedingungen von STEAM gekippt. Dabei geht es unter anderem um die Erstattung von Guthaben, das Nutzungsrecht an von Benutzern erstellten Inhalten (Mods) und die Verantwortung für Schäden durch heruntergeladene Beta-Versionen.

Mit der gesamten Thematik befasst sich ebenfalls derzeit die Australische Justiz. Es bleibt abzuwarten, welche Veränderungen diese Entwicklung im Hinblick auf die Nutzungsmöglichkeiten digitaler Waren mit sich bringt und damit unsere Art der Nutzung verändert.

Sehr interessante weitere Informationen finden Sie auf der Webseite der UFC-Que Chosir und deren Präsentation (in Französisch).

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