Das Elternhaus trotz Erbschaftssteuer erhalten – bei steigenden Immobilienpreisen

Wird derzeit ein Hausgrundstück oder eine Eigentumswohnung in einer einigermaßen guten Lage verkauft, kommt es in der Nachbarschaft nicht selten zum Staunen. Die Höhe des Kaufpreises überrascht. Manch einer mutmaßt, jetzt sei sein Hausgrundtsück ebenfalls mindestens so viel wert.

Auf diese Entwicklung ist natürlich auch das Finanzamt aufmerksam geworden. Insbesondere hat dies Bedeutung, wenn es zum Erbfall kommt und die Erbschaftsteuer festgesetz werden soll.

Unter gewöhnlichen Bedingungen kann das Elternhaus erbschaftssteuerfrei gererbt werden, wenn der Wert nicht den Freibetrag in Höhe von 400.000 € (Wert der Zuwendungen innerhalb der letzten 10 Jahre) überschreitet. Ist der Wert höher ist die Differenz zu versteuern.

Handelt es sich um das vormals selbstgenutze Elternhaus und entscheidet sich ein Kind dafür, dort seinen Familienwohnsitz einzurichten, ist dieses ebenfalls von der Erbschaftssteuer ausgenommen. Voraussetzung ist, dass zwischen Erbfall und Einzug höchstens sechs Monate liegen, die Wohnfläche nicht mehr als 200 Quadratmetern beträgt und es für 10 Jahre der Familienwohnsitz bleibt. Die Steuer kann rückwirkend anfallen, § 13 Abs. 1 Nr. 4c Satz 3 ErbStG.

Mit Urteil des Bundesfinanzhof vom 28.05.2019 – II R 37/16 wurden diese Kriterien konkretiesiert und klare sowie hohe Anforderungen an eine weite Gesetzesauslegung formuliert.

Im vorliegenden Fall hatte der Sohn des Erblassers die Kriterien des § 13 Abs. 1 Nr. 4c Satz 1 ErbStG nicht erfüllt. Diese sehen vor, dass das die Immobilie durch den Erben unverzüglich zum tatsächlichen Familienheim gemacht wird. Unverzüglich hieß nach bisheriger Rechtssprechung in diesem Zusammenhang sechs Monate seit dem Erbfall. Schon dieser eingeräumte Zeitraum überrascht, steht doch im Gesetz das Wort “unverzüglich”. Gemäß § 121 Abs. 1 BGB bedeuted unverzüglich, ohne schuldhaftes zögern, in der Regel zwei Wochen. Im Erbschaftssteuerrecht ist der Kontext in dessen Licht das Wort steht, bei der Auszulegung zu beachten. Unverzüglich erfolgt eine Handlung demach, wenn sie innerhalb einer nach den Umständen des Einzelfalls zu bemessenden Prüfungs- und Überlegungszeit vorgenommen wird. Dem liegt zu Grunde, dass dem Erben eine angemessene Bedenk- und Umsetzungszeit zur Veränderung des Familienheims eingeräumt werden müsse.

Es gibt allerdings Ausnahmen, in denen die sechsmonatige Frist nicht gilt. Hierfür muss der Erbe glaubhaft darlegen, wann er den Entschluss gefasst hat, das Elternhaus/-wohnung selbst zu nutzen und aus welchen Gründen ein Einzug nicht früher möglich war. Solche Gründe lägen vor, wenn sich der Einzug wegen einer Erbauseinandersetzung oder Renovierungsarbeiten oder aufgrund gravierender Mängel an der Wohnung über den Sechsmonatszeitraum hinaus um einige weitere Monate verzögert.

Es gilt : Je größer der zeitliche Abstand zwischen dem Erbfall und dem tatsächlichen Einzug des Erwerbers in die Wohnung ist, umso höhere Anforderungen sind an die Darlegung des Erwerbers und seine Gründe für die verzögerte Nutzung der Wohnung für eigene Wohnzwecke zu stellen.

Im vom Bundesfinanzhof in München zu entscheidenden Fall hatte der Erbe das Elternhaus auch über zweidreitviertel Jahre nach dem Erbfall nicht bezogen. Fest machte der Bundesfinanzhof aber die Verfristung explizit auch daran, dass der Erbe erst mehr als sechs Monate nach seiner Eintragung im Grundbuch Angebote von Handwerkern einholte und mit der Renovierung begann.

Das Finanzamt setzte sich somit in höchster Instanz (im Finanzrechtsweg) mit seinem Anliegen, das gererbte Elternhaus mit der Erbschaftsteuer zu belegen, durch.

Fazit:

Festzuhalten ist folglich, dass sobald der Beschluss gefasst wird in das geerbte Elterhaus oder die geerbte Elternwohnung zu ziehen, schnellstmöglich Angebote von Handwerkern eingeholt und mit den Renovierungsarbeiten begonnen werden sollte.

Im Übrigen : Die Freibeträge des § 16 Erbschaftssteuergesetz für Angehörige im Erbfall gelten auch für Schenkungen innerhalb von 10 Jahren. Die Freibeträge können also alle 10 Jahre in Anspruch genommen werden.

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